Mobilitätskonzepte – Leere Hülle oder sinnvolles Planungsinstrument?
Publikation in der Mobilogisch
Vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels gewinnt die Verkehrswende zunehmend an Bedeutung. Um die Mobilität von morgen nachhaltiger zu gestalten, werden in Neubauwohnquartieren vermehrt Mobilitätskonzepte zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs umgesetzt. Doch welchen Einfluss nehmen die Konzepte wirklich auf die alltägliche Mobilität der Bewohner:innen? Dieser Frage und der Rolle der Evaluation im Zusammenhang von Mobilitätskonzepten sind unsere Mitarbeitenden des ARGUS studio/ Benedikt Dülme und Simon Schuster in ihrer Masterarbeit mit dem Titel „Mobilitätskonzepte auf dem Prüfstand – was bewegt uns wirklich“ nachgegangen.
Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass die Mobilitätsbedarfe und -routinen der Bewohner:innen mit zunehmendem Alter oder der Familienplanung grundlegend ändern können. Daher ist es unabdingbar, Quartiere bzw. Mobilitätskonzepte kontinuierlich zu evaluieren und die Angebote an die Bedürfnisse der sich wandelnden Bewohnerschaft anzupassen.
Die Evaluierung der Quartiere Stellwerk60 (Köln), Lincoln-Siedlung (Darmstadt), Mitte Altona (Hamburg) und Pergolenviertel (Hamburg) im Rahmen der Arbeit hat allerdings auch die Grenzen einer solchen Forschung aufgezeigt. Mobilitätskonzepte werden bei Neubauprojekten zu einem großen Teil erstellt, bevor ersichtlich ist, wie sich die zukünftige Bewohnerschaft letztendlich zusammensetzen wird. Der geplante Wohnungsmix, der Anteil an geförderten Wohnungen sowie der Charakter der Umgebung können erste Hinweise darauf geben, wie sich das Mobilitätsverhalten der zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner entwickeln könnte. Daraus lässt sich jedoch nur bedingt ableiten, welche konkreten Mobilitätsangebote für die zukünftige Bewohnerschaft geeignet sind und ob diese tatsächlich alle Bedürfnisse abdecken können.
Die Arbeit kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass Mobilitätskonzepte einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität in Quartieren leisten können. Der Vergleich der vier Quartiere stellt aber auch den Einfluss einiger Rahmenbedingungen auf das Mobilitätsverhalten der Bewohnenden dar. Es sind nicht nur die Mobilitätsangebote im Rahmen von Mobilitätskonzepten, die die Quartiersmobilität beeinflussen, sondern vor allem die Qualität der grundlegenden Infrastrukturen, wie die Anbindung an den ÖPNV, die Radverkehrsinfrastruktur im Quartier und in der Umgebung und nicht zuletzt die Nähe zu Infrastruktureinrichtungen des täglichen Bedarfs wie der Nahversorgung.
Die Mobilitätsangebote allein bewegen die Bewohnenden nicht zum Verzicht auf den eigenen Pkw. Es erweist sich daher als wenig sinnvoll, einzelne Mobilitätsangebote gesondert zu betrachten und diesen einen Einfluss auf den Pkw-Besitz zuzuschreiben. Vielmehr ist die Gesamtheit der Angebote vor dem Hintergrund der gegebenen Standortfaktoren zu betrachten.
Mobilitätsangebote sind als Ergänzung zur Alltagsmobilität zu verstehen, die neben einer guten ÖPNV- und Radverkehrsinfrastruktur/-anbindung die Wahlfreiheit zwischen einer Vielzahl von Mobilitätsoptionen ermöglichen. Im Idealfall ist dieses Zusammenspiel der Angebote als so attraktiv anzusehen, dass die Nutzung des eigenen Pkw für keinen der alltäglichen Wegezwecke einen Vorteil hinsichtlich Erreichbarkeit, Nutzungskomfort, Funktionalität und Kosten bietet.
Der gesamte Artikel ist in der Mobilogischausgabe 3/24 veröffentlicht.